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Heiße Getränke an kalten Tagen

Es ist kalt geworden in Kairo. Ja, 10 Grad nachts sind kalt. Tagsüber haben wir zugegebenermaßen allerdings schönstes Frühlingswetter. Dennoch - gegen Abend wird es kühl. Nachdem es alkoholische Wintergetränke wie Glühwein oder Tee mit Rum wenn überhaupt nur auf den deutschen Weihnachtsmärkten erhältlich ist, mache ich mich auf die Suche nach ägyptischen Alternativen. Denn immer nur Tee oder Kaffee ist mir zu langweilig. Ich will aber nicht nur wissen, was man in Kairo im Winter so trinkt, sondern auch wissen, wie man das zubereitet. Daher duftete es in den letzten Tagen in meiner Küche nach Karkadeh, Sahlab und Halabessa. Karkadeh (sprich Karkadieh) ist nichts anderes als getrocknete Hibiskusblüten, aus denen ein Tee gebrüht wird. Dazu werden etwa zwei Blüten für eine Tasse mit heißem Wasser aufgegossen. Nach einer kurzen Ziehzeit, etwa 5 Minuten, wird er warm oder kalt getrunken, mit oder ohne Zucker. Ich persönliche nehme, wenn überhaupt, nur einen kleinen Löffel Honig. Aus den Hibiskusblüten lässt sich auch ein Sirup herstellen, der dann mit heißem oder kaltem Wasser aufgegossen das Karkadeh-Getränk ergibt. Dazu wird ein Kilo Hibiskusblüten mit kaltem Wasser bedeckt und nach belieben mit Zucker gesüßt. Die Masse wird aufgekocht und sollte dann etwa 15 Minuten gut durchkochen. Abgedeckt bleibt der Sud dann über Nacht stehen und zieht durch und kann dann abgeseiht und in Flaschen umgefüllt werden. Aus kaltem Karkadeh-Tee oder -Sirup lässt sich auch Götterspeise oder Gelee zubereiten. Der Hibiskus wird auch als magische sudanesische Rose bezeichnet. Er gehört zur Gruppe der Malvengewächse und trägt leuchtend orange-rote Blüten, die getrocknet eine dunkelrot-violette Farbe hervorbringen. Auch das Getränk hat eine intensive, dunkelrote Farbe und wird daher zum Färben von Süßspeisen genutzt. Hibiskus wächst in tropischer Umgebung und wird in Ägypten beispielsweise im Fayoum oder in Assuan angebaut. Die Blüten werden mit der Hand gepflückt und dann getrocknet. In einem medizinischen ägyptischen Dokument soll der Hibiskus als Tee bereits 1.500 vor Christus erwähnt worden sein und heißt daher auch Tee des Pharaos. Ihm werden Wirkungen wie antibakteriell, entzündungshemmend, antiseptisch, cholesterinsenkend und entschlackend zugeschrieben. Etabliert hat sich der Karkadeh-Drink in Ägypten allerdings unter anderem als Aperitif zu besonderen Gelegenheiten, weil alkoholische Getränke im Islam nicht erwünscht sind. Etwas aufwendiger ist die Zubereitung von Sahlab, einem heißen, eingedickten Milchgetränk mit Gewürzen, Früchten oder Nüssen. Sahlab war schon zu Römerzeiten und im ottomanischen Reich bekannt. Damals wurden als Stärke Orchideen-Zwiebeln verwendet, die dem Getränk den typischen Geschmack verliehen. Heute kommt Maisstärke als Bindemittel zum Einsatz, und der typisch orientalische Geschmack wird durch die Zugabe von Rosenwasser, Kokosflocken oder Mistika, einem ursprünglich griechischen Gewürz aus Baumharz, erzielt. Zur einfachen Zubereitung gibt es im Supermarkt fertige Sahlab-Mischungen, inklusive eines Tütchens mit Kokosflocken und Nüssen. Das Sahlab-Pulver wird in kalte Milch eingerührt, alles unter Rühren kurz aufgekocht, dann in ein Glas gegeben und mit der Kokosflocken-Nussmischung verziert. Ich koche eine frische Zimtstange mit der Mischung mit, und es duftet in der Küche nach Zimt und süßem Milchreis. Tatsächlich ist in der fertigen Mischung neben Zucker und Stärke auch Reispulver enthalten. Eine zuckerfreie Variante stelle ich mir mit eigenen Zutaten zusammen. Ich rühre dazu einen Esslöffel Maisstärke in 200 ml kalte Milch und gebe einen Teelöffel Honig und etwas Vanille dazu. Beim Erhitzen duftet die ganze Küche nach Honigmilch. Neben Kokosflocken und Nüssen füge ich zum Topping noch dunkle und helle Rosinen und Zimt dazu. Ich bin begeistert! Skeptisch bin ich, als ich mich an das traditionelle Halabessa (oder auch Hummus El Sham) wage. Mal wird Halabessa als Suppe bezeichnet, mal als Heißgetränk. Beides ist üblich. Es ist zig Jahre her, dass ein damaliger Kollege, als ich sehr erkältet war, eines Tages ganz stolz mit einem zugebundenen Tütchen in die Schule kam. Der Inhalt des Tütchens war flüssig, orange-rot und es waren Kichererbsen mit dabei. Ein kleiner Strohhalm ragte aus dem Tütchen, und ich sollte das gegen meine Erkältung trinken. Ich war entsetzt und lecker fand ich es kalt auch überhaupt nicht. Meine Begeisterung, das Thema nochmal in Angriff zu nehmen, hält sich auch dann noch in Grenzen, als ich Dalal, unsere deutsche Reiseleiterin, nach dem Rezept frage. Kichererbsen über Nacht einweichen. Und Kreuzkümmel, viel Kreuzkümmel, auch Pfeffer, aber mehr Kreuzkümmel, bleibt mir im Ohr. Toll. Also stapfe ich nochmal los, um Kichererbsen und Kreuzkümmel, auf English Cumin, einzukaufen. Heute morgen waren die Kichererbsen dann gequollen. Ich brate Zwiebeln und viel Knoblauch in Butter an und gebe dann die Kichererbsen und Wasser dazu. Anstatt Tomatenmark verwende ich frische Tomaten, die ich mit heißem Wasser übergieße und dann enthäute. Wann immer es möglich ist, versuche ich, industriell verarbeitete Lebensmittel zu vermeiden. Das Enthäuten der Tomaten geht mir daher leicht von der Hand, weil ich so auch immer meine Nudelsauce selber mache. Ich gebe Salz, Pfeffer und Kreuzkümmel dazu. Je nach Belieben kann auch Chili hinzugefügt werden. Ich finde noch eine trockene Chilischote in meinem Gemüsekorb und schnippel ganz mutig einige Streifen Chili in den Topf - eine sehr gute Entscheidung, wie sich später herausstellt. Die Ägypter kochen das Hummus El Sham häufig übrigens nur mit Salz und stellen weitere Gewürze wie Kreuzkümmel, Chili und Pfeffer separat dazu, damit jeder würzen kann, wie er möchte. Nach gut einer Stunde köcheln ist alles weich, und ich gebe zum Abschmecken noch den Saft von zwei kleinen Zitronen dazu. Als ich den Sud als Getränk in ein kleines Glas abschöpfe, finde ich das immer noch weder ansprechend noch einladend. Irgendwie sieht das Getränk auf Fotos im Internet auch klarer aus als bei mir. Die Kichererbsen, die ich dazu gebe, sind kaum erkennbar. Doch wow. Als ich einen kleinen Schluck wage, bin ich von meiner eigenen Halabessa-Kreation begeistert. Fruchtig tomatig, zitronig mit leichter Chili-Schäfe und mild durch die Kichererbsen. Als Getränk kann der Hummus El Sham bei mir immer noch nicht punkten, aber als Suppe für kalte Tage ist er wärmend und lecker. Mein Fazit nach dem Probieren von Karkadeh, Sahlab und Halabessa: Karkadeh ist schnell gemacht als ein Tee mit einer fruchtigen Geschmacksrichtung. Sirup würde ich mir daraus aber nicht kochen, und ich bin auch kein Fan, Karkadeh süß zu trinken. Heißgetränk-Favorit als Alternative zu Tee oder Kaffee ist Sahlab, gerne auch abends im Café. Am liebsten aber selbstgemacht mit Nüssen und gesüßt mit Honig. Halabessa kann mich nur als Suppe überzeugen mit einer fruchtigen sauer-scharfen Note dank frischen Tomaten, Zitrone und Chili.

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