München meint es gut mit mir und heißt mich mit klarem Wetter, blauem Himmel und Sonnenschein willkommen. Der Flug hatte, wie üblich, Verspätung. Der Egyptair-Flug MS787 war in den letzten zehn Jahren, wenn ich damit flog, nicht einmal pünktlich. Wenn man weiß, dass man ein Flugzeug noch ent- und wieder beladen und außerdem reinigen muss - kann man das nicht rechtzeitig mit einplanen? Und die Lounges in Kairo sind, verglichen mit deutschen Flughafen-Lounges, ein Witz. Mini-Buffet, kalt, Plastikgeschirr und Plastikbecher. Und wie üblich überall Lärm. Im Flugzeug hatte ich aber einen sehr angenehmen und interessanten Sitznachbarn, und wir sind gut gelandet. Beim Anflug auf München ist mir als erstes aufgefallen, wie viele Dächer mit Solarpanels ausgestattet sind. Und das in einem nicht immer von Sonne verwöhnten Land. Tja, denke ich und an die Stromausfälle in Kairo.
Man liest ja regelmäßig in den Medien über die Unfähigkeit der Deutschen Bahn. Und als wären wir im schlechten Film - als wir ankamen fuhr der Terminal-Zug nicht. Wir konnten auch nicht den Bahnsteig wechseln, denn wir waren in dem Mittelteil gefangen zwischen den Gleisen. Nur mit Mitarbeiter-Karte hätten wir auf einen anderen Bahnsteig gelangen können. Man schickte uns mit dem Aufzug hinauf. Und dann mit dem Aufzug wieder hinunter. "Das geht ja gut los", dachte ich. Irgendwann kam dann der Terminal-Zug, und das Gepäck war sowieso noch nicht da. Eigentlich sollte Priority-Gepäck doch auch als erstes ausgeladen werden, dem war aber nicht so. Die S-Bahn hatte, wer hätte es anders erwartet, Verspätung, und in den Zug, der dann kam, durften wir nicht einsteigen. Ich bin aber gut in meinem München-Zuhause angekommen und musste mich erstmal bewegen.
Also bin ich durch die kalte Winterluft eine Runde gegangen, Friseurtermin vereinbaren und zum Supermarkt. Es war verhältnismäßig voll, klar Freitagabend vor den Feiertagen zum Jahreswechsel, aber es ging noch. Dinkelbrötchen und Vollkornbrötchen gekauft, vier Stück für fast vier Euro, Dinkelbrot fast fünf Euro. Und eine Flasche Radler. Und Lätta und Käseaufschnitt. Die Preise sind schon heftig, und ich schaue genau, was ich mir leiste. Aber dank der hauseigenen Marke kann man dann doch noch halbwegs günstig einkaufen. Und bekommt dafür auch Qualität. Obst und Gemüse ist wesentlich teurer als in Kairo, aber dafür ist nichts zermatscht, angedetscht oder schon halb welk. Dafür kostet ein Kilo Tomaten oder Zucchini über drei Euro. Die Preise für Avocados oder Mangos habe ich mri gar nicht erst angesehen.
Die Auswahl ist selbst in einem normalen Supermarkt immens, auch im Vergleich zu den guten Supermarktketten Seoudi und Metro in Kairo. Besonders fällt mir auf, dass es viele vegane und glutenfreie Lebensmittel gibt sowie Bio- und Vollkornprodukte und Alternativen zu Weizen mit beispielsweise Hafer- oder Dinkelnudeln. Und eine riesige Auswahl an Getränken, auch mit Alkohol. Von all dem können wir in Kairo nur träumen, wenngleich die großen Supermarktketten wie Spinneys alles bieten, was zum Leben notwendig ist. Bio, Vollkorn, vegan, glutenfrei dann aber eher nicht. Ist das ein Luxusproblem? Mir geht es besser, wenn ich anstatt Weizen Dinkel oder Hafer esse und genieße es. Geärgert habe ich mich aber über den sogenannten Naturjoghurt von Weihenstephan. Als Verbraucherjournalistin schaue ich bei den meisten Lebensmitteln, was drin ist. Und im Naturjoghurt ist Zucker. 6,6 g auf 100 g Joghurt. Und das finde ich schon fast frech. Denn Natur ist der Joghurt damit ja nicht mehr. Aber gut. Den habe ich dann stehen gelassen. Ich schlendere so durch die Gänge und entdecke einen Stand mit Sonderangeboten. Weihnachtsschokoladen, reduziert um 50 %. Neben mir steht eine Dame und schaut sich ebenfalls das Angebot an, während ich völlig verzückt ausrufe "Oooohhhhh! Marzipan!!!". Ich weiß nicht, wie viele Jahre es her ist, dass ich Marzipan gegessen habe, und ich hatte auch Marzipan gar nicht mehr aktuell in Erinnerung. Die Frau neben mir schaut mich an und ich lache und entschuldige mich. Und erkläre, ich würde nicht in Deutschland wohnen und hätte so lange kein Marzipan gegessen. Die Dame war sehr freundlich und meinte, mir wäre die Freude anzumerken und um mich herum wäre ein Strahlen entstanden. Na dann.
Beim heutigen Einkauf in den Arcaden in Pasing habe ich mich über so viele Luxusgeschäfte gefreut. Ein Laden für Tee und Papier oder Delikatessen als Geschenke und für belgische Schokolade. Besonders angenehm aber war es, alles in Ruhe anschauen zu können, ohne, wie in Kairo üblich, auf Schritt und Tritt verfolgt zu werden. Mir ist ebenfalls positiv aufgefallen, dass ich mich auf das verlassen kann, was angeschrieben steht. Wenn beim Juwelier Christ geschrieben steht, der Schmuck sei 925er Silber, dann weiß ich, dass dem auch so ist. Die Preise sind fix, aber ich weiß auch genau, was ich dafür bekomme. Das ganze Einkaufen war sehr entspannt, denn ich musste keine Sorge vor Scammern oder Abzocke haben. Im Douglas gab es Markenparfüm. Und zwar Originale. Kein Original-Fake. Es wurde dann Armani. Ohne Gepansche. Ich muss in Kairo auf nichts verzichten, was ich zum Leben benötige. Aber ich verzichte dort auf Auswahl, auf Qualität und auf entspanntes Bummeln. Deutschland ist nicht Lala-Land, und in München bekommt man nichts geschenkt. Aber ich genieße den Luxus, frei wählen und mich frei bewegen zu können in dem Sinne, dass hier nicht immer unterschwellig das Gefühl mitschwingt, betrogen oder ausgenutzt zu werden. Ich weiß, dass das in Kairo erstens etwas Kulturelles und zudem der Not der Menschen und der wirtschaftlichen Situation geschuldet ist. Aber es ist anstrengend, wesentlich anstrengender als hier.
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